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Peter Burg Werke

Archiv für März, 2021

Leben und Wirken

Leben und Wirken

Prof. Dr. Peter Burg, geb. 1941, Studium der Fächer Geschichte, Deutsch und Philosophie an der Universität des Saarlandes, dort 1974 Promotion über das Thema „Kant und die Französische Revolution“. Wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. Assistent an den Universitäten Saarbrücken und Münster. 1981 Habilitation zum Thema „Die deutsche Trias in Idee und Wirklichkeit“. 1986 Ernennung zum Außerplanmäßigen Professor an der Westf. Wilhelms-Universität Münster für Neuere Geschichte.

Forschungsüberblick (Auswahl):

Zur politischen Geschichte:

Der Wiener Kongreß. Der Deutsche Bund im europäischen Staatensystem (= dtv-Reihe Deutsche Geschichte der neuesten Zeit vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, hrsg. von Martin Broszat, Wolfgang Benz, Hermann Graml, Bd. 1), München 1984. <3. Auflage 1993>

Die deutsche Trias in Idee und Wirklichkeit. Vom Alten Reich zum Deutschen Zollverein (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Bd. 136. Abteilung Universalgeschichte, hrsg. von Karl Otmar Freiherr von Aretin), Stuttgart 1989.

<Beurteilungen:

Dieter J. Weiß Das Königreich Bayern im Prozess der deutschen Einigung …………….. 31-44,

in: Politische Studien 432. Zweimonatsschrift für Politik und Zeitgeschehen. Schwerpunktthema: Die historischen Wurzeln der deutschen Einheit

S. 31 Wie Peter Burg in seiner großen Arbeit zum Triasgedanken betont, gab es in der deutschen Geschichte neben unitarischen Tendenzen immer auch föderalistische, und die deutsche Einheit musste nicht zwangsläufig in eine preußische Hegemonie münden.4;

Zur deutschen Trias Neues aus Buechnerland Peter Brunners Buechnerblog:


Erst der republikanische Impuls im Linksrheinischen hatte die Idee eines Dritten Deutschland möglich gemacht. In seinem 1989 erschienenen Buch „Die deutsche Trias in Idee und Wirklichkeit“ beschreibt Peter Burg, der an der Universität Münster Geschichte lehrt, die Entstehung und Entwicklung des Konzepts dieses Dritten Deutschland, das vom Alten Reich bis zum Ende des Deutschen Bundes, also von 1763 bis 1866, wirksam war. Ein in einer Einheit zusammengefasstes, relativ selbstständiges drittes Deutschland war in diesen gut hundert Jahren eine durchaus realistische Option, die auf der besonderen politischen und gesellschaftlichen Entwicklung der durch Napoleon geschaffenen Rheinbundstaaten mit ihren modernen Verfassungen und deren besonders föderal und polyzentrisch geprägter Vergangenheit im Alten Reich fußte. In seinem Resümee stellt Burg die kontrafaktische Frage: „Wäre die Trias eine eine bessere Lösung der deutschen Frage gewesen?“ (S. 358) und antwortet: „Einiges spricht dafür. Innenpolitisch hätte das Dritte Deutschland eine würdigere politische Existenz erhalten, außenpolitisch mehr Beachtung gefunden. Die Rahmenbedingungen der liberalen und konstitutionellen Bewegung wären erheblich verbessert, die Kraft des Nationalismus gebunden oder gebrochen worden. Der übersteigerte Nationalismus, der das jahrhundertealte Schwächegefühl des Dritten Deutschland kompensierte, wäre möglicherweise durch die Trias in seiner Aggressivität gedämpft worden. Vor allem hätte es die Machtzusammenballung des preußisch-deutschen Reiches nicht gegeben, die das europäische Ausland beunruhigte.“ Die preußisch dominierte Geschichtsschreibung dagegen sieht den historischen Verlauf des Einheitsprozesses als alternativlos und beschreibt die Triasidee, aber auch den am Rhein besonders ausgeprägten Föderalismus als Entwicklungshemmnis. Laut Burg werden Begriffe wie Chaos, ewige Zwietracht, Eifersüchtelei etc. gebraucht, es wird von einem „Hühnerstall“ geredet, der aufgeräumt werden muss. So sprechen Füchse über Hühner.

Interessant ist, dass die Bearbeiter der Triasidee in der Historikerzunft oft aus dem Gebiet stammen oder dort gelebt haben, über das sie forschen. Burg ist im Saarland geboren. Sein Lehrer Karl-Georg Faber lehrte in Mainz und sein bevorzugtes Forschungsobjekt war Karl Theordor von Dalberg, der Fürstprimas des Rheinbundes. Dalberg stammte aus Worms, war Mainzer Erzbischof und als Freimaurer und Illuminat schon vor Napoleon ein Wanderer zwischen den Welten von Aufklärung und Romantik, Frankreich und Deutschland, Republik und Monarchie. Und auch wenn die Triasidee politisch weitgehend nach 1871 vom Tisch war, taucht sie nicht nur in der deutschen Nachkriegssituation in verwandelter Form mit DDR, Österreich und BRD wieder auf, letztere rheinisch, französisch, westorientiert beeinflusst, sondern findet sich auch in regionalen Geschichtsurteilen immer wieder. So schreibt Klaus Dietrich Hoffmann in seiner 1985 erschienen Geschichte Rheinhessens: „Der frühe Tod des der Freisinnigen Partei nahestehenden Kaisers Friedrich III, dessen Vertrauter unser Reichstagsabgeordneter Dr. Bamberger gewesen ist, 1888 nach erst 100 Tagen Regierungszeit, war für Deutschland und Europa eine Katastrophe. Denn von ihm wären die schweren außenpolitischen Fehler seines unreifen Sohnes Wilhelm II und der von diesem ausgesuchten unfähigen Politiker, die mit zum 1. Weltkrieg und seinen Folgen (Adolf Hitler) führten, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gemacht worden.“ (Hoffmann S. 54/55)

Der in Trier lehrende Historiker Christian Jansen schreibt in seinem 2011 erschienen Buch „Gründerzeit und Nationsbildung“: „Als Nahziel strebten die Föderalisten den Zusammenschluss der liberalen Mittel- und Kleinstaaten des Dritten Deutschland an. Dieser Bundesstaat sollte dann mit Preußen und Österreich einen Staatenbund bilden (Trias).“ (Jansen, S. 102) Und weiter: „Die Paulskirche wäre vermutlich besser beraten und erfolgreicher gewesen, wenn sie ihre Verfassungskompetenz und auch die deutsche Einigung zunächst auf das Dritte Deutschland, also die … Mittel- und Kleinstaaten Süd-, West- und Mitteldeutschlands sowie Bayern und Sachsen beschränkt hätte, die infolge der napoleonischen Besatzung und ihrer Lage in Europa stärker verwestlicht und die anders als die beiden Großmächte bereits vor 1848 konstitutionelle Monarchien geworden waren.“ (Jansen, S.22)

Um aber Hoffnungspotenziale auch in verschütteten Erinnerungslandschaften zu entdecken und wieder bekannt zu machen, hilft das Erzählen. Ernst Bloch nennt es fabelndes Denken. Ein solcher Fabulierer war der 2005 verstorbene bayrische Autor Carl Amery, der sich 1979 in seinem Romane „An den Feuern der Leyermark“ der Trias-Idee zuwandte. Der Roman spielt 1866. Eine gut bewaffnete Truppe von 560 Reitern aus dem amerikanischen Bürgerkrieg, darunter emigrierte Achtundvierziger, besiegt dort die in Bayern eingefallenen Preußen, es entsteht ein eidgenössisch orientiertes Deutschland von Bayern bis zum Rhein, republikanisch und europäisch orientiert. Am Ende steht ein fiktives Datum, der 14. Juli 1867: „Auf dem Feld von Colmar findet die Verbrüderung der Centraleuropäischen Eidgenossenschaften statt, ihre dauernde politische, kulturelle und gesellschaftliche Zusammenarbeit wird eingeleitet. Die Amerikanische Legion nimmt auf zwei Rheindampfern Abschied.“ Amery war von 1980 bis 1995 Präsident der E.-F-Schumacher-Gesellschaft. Der 1911 in Bonn geborene Schumacher schrieb mit „Small is beautiful“ 1973 ein einflussreiches Buch der europäischen Alternativbewegung, das regionalistische und zivilgesellschaftliche Tendenzen verstärkte. Inspiriert worden war er durch den in Wales lehrenden Österreicher Leopold Kohr und sein bereits 1957 erschienenes Buch „The Breakdown of Nations“, das einen Neuanfang nach 1945 empfahl, der sich an den föderalen Erfahrungen Europas orientierte. Es gibt also bis heute Alternativentwürfe, die sich in immer neuen Masken und Gewändern in zentralistische und nationalistische Prozesse einmischen und auf älteren, verdrängten Traditionen aufbauen. Wenn man will, sind bereits die frühmittelalterlichen Entwürfe eines karolingischen Mittelreiches Lohtaringien und die spätmittelalterlichen Versuche eines Königreichs Burgund, das in kurpfälzischen Fantasien des 18. Jahrhunderts wiederzukehren versuchte, Vorläufer dieses dritten Weges. Am Rhein wurde das stets dadurch gespeist, dass die wegen der zentralen Bedeutung territorial vielfältige politische Landschaft sich statt Beherrschung konsensualer Einigungsrozesse bediente. Die aus der territorialen Vielfalt folgende starke Multikonfessionalität nach der Reformation schuf weitere lebenspraktische Erfahrungen der Bevölkerung im Zusammenleben mit Verschiedenen, schuf Arrangements, Witz und Verfassungsprinzipien, die für jeden Einzelnen gelten. Das waren und sind lebendige Alternativen zu völkischen Narrativen. Sie sehen nicht nur die Region, sondern auch die Nation als Republik und Europa als föderalen Prozess. Diese Mentalität ist präsent am Rhein, aber sie überlässt den völkischen Schreihälsen allzu sehr das Terrain politischer Begriffe, Symbole und Erzählungen. „Lasst mich schlafe“, wie Stoltze es formuliert hat. Die Erinnerung an die Triasidee des 19. Jahrhunderts kann ein Anfang sein, aufzuwachen und sich in die Öffentlichkeit zu begeben.

Alois Schmid, S. 521-523 Rezension in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte Band 56, Heft 2.

PETER BURG, Die deutsche Trias in Idee und Wirklichkeit. Vom Alten Reich zum deutschen Zollverein (Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz, Abt. Universalgeschichte 136) Wiesbaden-Stuttgart 1989, Franz Steiner Verlag, 402 Seiten.

—      Im Jahrhundert zwischen dem Ende des Siebenjährigen Krieges 1763 und der Schlacht von Königgrätz 1866 wurde die deutsche Geschichte vornehmlich von Dua­lismus zwischen Preußen und Österreich bestimmt. Zwischen diesen beiden Vor­mächten bewegten sich die Mittel- und Kleinstaaten, die versuchten, durch verstärkte Kooperation ihre Mindermächtigkeit und Vereinzelung zu überwinden. Deren Poli­tik ist hauptsächlich vom Bestreben gekennzeichnet, sich neben den Großmächten Preußen und Österreich durch einen Zusammenschluß als dritte Macht zu etablieren und sich so erhöhte Geltung zu verschaffen. Diese Konzeption einer Deutschen Trias wurde eine der wichtigsten Triebkräfte der deutschen Geschichte des späteren 18. und dann yor allem der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Die Bezeichnung ist erst­mals zum Jahr 1822 nachgewiesen. Auf diese historische Trias folgte in der Nach­kriegszeit eine politisch-aktuelle Trias, der die Zerstückelung des alten Deutschlands in die drei Staaten BRD, DDR und Österreich zugrunde liegt. Zwischen historischer

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und politischer Trias besteht eine Verbindung, indem erstere die Basis der letzteren darstellt. Beide gehören zur umfassenden Thematik der Deutschen Frage.

Dieser komplexe Gesamtzusammenhang wird in der anzuzeigenden, von Karl­Georg Faber angeregten Münsteraner Habilitationsschrift von 1981 einleitend ausge­breitet. Zum Thema setzte sie sich aber nur die historische Komponente. Das war eine kluge Entscheidung, weil die jüngste Entwicklung dem politisch-aktuellen Aspekt die Grundlage entzogen hat, so daß alle diesbezüglichen Erörterungen er­gänzt oder auch modifiziert werden hätten müssen. Da die historische Trias von die­ser Wende unberührt bleibt, wird der wissenschaftliche Rang des Buches durch das seit Manuskriptabschluß vergangene Jahrzehnt in keiner Weise beeinträchtigt. Im Einleitungsabschnitt werden mit straffen Strichen die Anfänge der Triasdiskussion im späten 18.Jahrhundert skizziert. Diese Hinführung zum Thema ist sehr kursorisch gehalten; die Vor- und Frühgeschichte des Triasgedankens im 17. und 18.Jahrhundert wird mehr angedeutet als essentiell abgehandelt. Er gewann erhöhte Aktualität nach dem Zerfall des Alten Reiches in der Gründung des Rheinbundes. Im Deutschen Bund erfuhr er eine andersgestaltige Umsetzung. Auf dem Zeitraum zwischen 1806 und 1834liegt der Schwerpunkt der Ausführungen, die mit der Gründung des Zoll­vereins abbrechen, der die Ausdehnung der wirtschaftlichen Hegemonie Preußens über die Staaten des Dritten Deutschlands brachte. Die Folgezeit bis 1866 wird eben­falls nur im abrundenden Überblick vorgestellt. Das Buch begnügt sich also im Grun­de mit einem Ausschnitt aus der Gesamtthematik der historischen Trias, der aber zweifellos einen ersten Höhepunkt markiert. Diese Schwerpunktsetzung ist auch durch die Forschungslage gerechtfertigt, da sich die Literatur bisher mit der Ent­wicklung der Fünfziger und Sechziger Jahre wesentlich mehr beschäftigt hat. Doch gehen die vorliegenden Titel weithin von den Einzelstaaten aus. Im Unterschied dazu wird die Thematik hier von der deutschen Ebene aus erörtert, wodurch die jeweilige einzelstaatliche partielle Perspektive relativiert und in einen übergeordneten Kontext eingebaut wird. Das Buch stößt also thematisch in eine Lücke und sucht sich metho­disch einen eigenen Zugang zur Problematik.

Im Mittelpunkt der Erörterungen steht die Frage nach den entscheidenden Trägern der Triasidee. Als wichtigste Einzelstaaten werden Bayern, Württemberg, Baden, Sachsen und die hessischen Territorien vorgestellt. Hier wird nach Zielen und Moti­ven gefragt, es werden die entwickelten, im einzelnen stark divergierenden Konzep­tionen vorgestellt. Die Antworten auf diese Fragen werden aus der umfänglich vor­liegenden Literatur, dem breiten gedruckten Quellenmaterial einschließlich der Publizistik, vor allem aber aus heterogenen Archivbeständen (Wien, Paris, München, Stuttgart, Karlsruhe, Darmstadt, Marburg, Frankfurt, Weimar) zusammengetragen. Auf dieser sehr breiten Quellengrundlage wird der Gang des Ringens um die Trias in der politischen und publizistischen Diskussion sowie der historischen Realität nach­gezeichnet. Hauptergebnis ist die überzeugende Feststellung, daß die Triaskonzepti­on immer mehr Theorie als Praxis war, daß sie sich zwischen Idee und Wirklichkeit bewegte, weil die Umsetzung der regen, aber sehr disparaten Erörterungen nur in begrenztem Ausmaß gelang. Dennoch betrifft sie nicht nur ein geistesgeschichtliches Phänomen, sondern durchaus einen gewichtigen Ausschnitt aus der Realpolitik.

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Die Untersuchung stellt einen sehr gründlich erarbeiteten, übersichtlich dargebote­nen, ergebnisreichen Beitrag zum Ringen um die Deutsche Frage im frühen 19.Jahr­hundert dar. Sie ist für die deutsche Geschichte und die Landesgeschichte gleicherma­ßen von Bedeutung. Vor allem tritt sie der weitverbreiteten borussozentrischen Sicht der deutschen Geschichte vor 1866 energisch entgegen und zeigt die Offenheit der Ver­fassungsverhältnisse bis zu dieser tiefen Zäsur. Die Vorgänge von 1866 und 1871 haben einen gewaltsamen Schlußpunkt hinter das rege Ringen um ein Deutschland gesetzt, das ganz anders als das von Bismarck schließlich geschaffene Reich aussehen sollte.

Eichstätt                                                                                                ALOIS SCHMID

Helmut Bleiber

Peter Burg: Die deutsche Trias in Idee und Wirklichkeit. Vom alten Reich zum Deutschen Zollverein (= Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte, Bd. 136). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1989, XI, 402 S.
Der Deutsche Bund, Verkörperung deutscher Vielstaatlichkeit zwischen 1815 und 1866 mit Unterbrechung in den R volutionsjahren 1848/49, hat sich zu keiner Zeit besonderen Interesses der Geschichtsschreibung erfreuen können. Dieses galt vielmehr der Negation des Deutschen Bundes in Gestalt des 1871 entstandenen deutschen Nationalstaats. Trotz mancherlei Wandlungen im Urteil über Na­tionalstaaten im allgemeinen und den preu­ßisch – deutscher Prägung im besonderen hat sich an dieser Situation bis heute kaum etwas geändert. Zu verweisen ist freilich darauf, daß in der österreichischen Historiographie in jüngerer Zeit häufiger Stimmen zu hören waren, die dafür plädierten, die Mehrstaat­lichkeit in der deutschen Geschichte einer positiveren Neubewertung zu unterziehen. In der Geschichtsschreibung der BRD bilden Vertreter solcher oder ähnlicher Au ffassun­gen eine kleine Minderheit. Der Vf. der Mo­nographie, einer noch von Karl- Georg Faber angeregten Habilitationsschri ft, ist einer ihrer Repräsentanten.

Die Arbeit ist in drei Teile gegliedert. Zunächst behandelt Burg kursorisch Konzepte und Bestrebungen zur Etablierung und Stär­kung der Trias, d.h. des dritten Deutschlands neben Österreich und Preußen, im Alten Reich und in der Rheinbundzeit. Es folgt eine detaillierte Schilderung der Triasbestre-

Rezensionen
bungen im Kontext der Neuordnung Deutschlands nach den Befreiungfskriegen. Gleicherweise minutiös wird die deutsche Trias im Rahmen der Bundesinstitutionen in den Jahren 1815 bis 1834 – “Dualismus der Großmächte kontra partnerschaftliehe Stei­lung des dritten Deutschland” – dargestellt. Im folgenden untersucht B. die Triasbestre­bungen im Bereich der Beziehungen zwischen den deutschen Mittel- und Kleinstaaten – in der Politik der Kabinette, der Ständever­sammlungen und in der öffentlichen Diskus­sion – um 1820 sowie die Bestrebungen zur Vereinigung Süddeutschlands in der Er­örterung der Kabinette und der öffentlichen Diskussion um ein konstitutionelles Deutsch­land als dritte deutsche Macht nach der Juli­revolution 1830. Abschließend wird die Triasidee in der Vorgeschichte des deutschen Zollvereins behandelt.

Die Untersuchung fußt auf der umfassenden Auswertung gedruckter und der Erschließung einschlägiger archivalischer Ouellen aus Ar­chiven in München, Stuttgart, Karlsruhe, Darmstadt, Marburg, Paris, Frankfurt a.M., Wien und Weimar (Goethe- und Schiller-Ar­chiv). Beeindruckend sind die logische Diszi­plin und Stringenz der Gedankenführung, die die Darstellung bestimmen. Hervorhebenswert aus der Fülle bemerkenswerter Befunde – um nur einen zu benennen – ist der Nachweis, daß die Bestrebungen zur Stärkung der deut­schen Mittel- und Kleinstaaten sich keines­falls auf aristokratisch-restaurative Intressen reduzieren lassen, sondern daß zum Spektrum ihrer Befürworter sehr wohl auch liberale und in den dreißiger Jahren auch demokra­tische Politiker und Publizisten gehörten. Sicher ist diese Erkenntnis keine Neuentdek­kung des Vf. Seine eingehende Darstellung der Ambivalenz und Differenziertheit poli­tischer Konzepte und Aktivitäten mit dem Ziel der Stärkung des “dritten Deutschlands” neben österreich und Preußen verdient je­doch angesichts ihrer immer noch verbreite­ten Geringschätzung besondere Beachtung.

Die historische Beurteilung der deutschen Triasbemühungen aus dem Banne der Grün­dung des preußisch- deutschen Nationalstaats zu lösen, ist die erklärte Intention des Vf. Für seine Art der Darstellung beruft er sich auf die These, “daß die Zukunft jeweils of­fen war, daß es zwar mehr oder weniger große Spielräume, aber keinen Determinis­mus, keine Zwangsläufigkeit gab, die zum

kleindeutschen Reich führte. So gab es neben unitarischen Tendenzen auch immer födera­listische, und die Einheitsbestrebungen liefen durchaus nicht zielstrebig auf eine preußische Hegemonie hinaus. Der preußisch – deutsche Nationalstaat dient desgleichen nicht als Wertmaßstab. Die Bestrebungen zur Bildung einer dritten Macht werden vielmehr als po­litisch und rechtlich legitime und plausible Ziele verstanden, die sich auf Traditionen und Verträge gründeten” (S. 3).

Ungeteilte Zustimmung verdient die Ab­grenzung von der verbreiteten Sicht, Ge­schichte ausschließlich von ihrem Ergebnis her zu beurteilen. Bedenken scheinen freilich angebracht, ob die Reklamation auf Rechts­positionen oder im Resümee geäußerte Überlegungen, daß durch ein stärkeres drittes Deutschland “die Kraft des Nationalismus ge­bunden oder gebrochen worden” wäre (S. 358), nicht in Gefahr geraten, sich vom wirklichen historischen Prozeß in problema­tischer Weise abzuheben. Der Einsicht in die Tendenz zur Bildung von Nationen und Na­tionalstaaten – in welcher Form auch immer – kann und darf sich die historische Refle­xion über das werdende bürgerlich – kapitali­stische Zeitalter wohl nicht entziehen. Das Urteil über die wissenschaftliche Leistung und das historiographische Verdienst des Vf. wird durch Vorbehalte der angedeuteten Art kaum berührt. Ein Standardwerk zur behan­delten Thematik bleibt es allemal.

Helmut Bleiber


Die Triaspolitik im Deutschen Bund. Das Problem einer partnerschaftlichen Mitwirkung und eigenständigen Entwicklung des Dritten Deutschland, in: Helmut Rumpler (Hg.): Deutscher Bund und deutsche Frage l8l5 – l866. Europäische Ordnung, deutsche Politik und gesellschaftlicher Wandel im Zeitalter der bürgerlich-nationalen Emanzipation (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit, Bd. 16/17), Wien 1990, S. 136-161.

Die Neugliederung deutscher Länder. Grundzüge der Diskussion in Politik und Wissenschaft (1918 bis 1996), (= Geschichte, Bd. 12), Münster 1996.

Zur Ideengeschichte:

Kant und die Französische Revolution (= Historische Forschungen, Bd. VII), Berlin 1974.

Immanuel Kant, loyaler preußischer Staatsbürger und Anhänger der Französischen Revolution – ein Widerspruch? in: Manfred Buhr, Peter Burg, Jacques d`Hondt u.a.: Republik der Menschheit. Französische Revolution und deutsche Philosophie (= Studien zur Dialektik), Köln 1989, S. 9-23.

Zur Verwaltungsgeschichte:

Verwaltung in der Modernisierung. Französische und preußische Regionalverwaltung vom Ancien Régime zum Revolutionszeitalter (= Forschungen zur Regionalgeschichte Bd. 15), Paderborn 1994.